Gerhart-Hauptmann-Haus lädt zur Jubiläumssaison

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Gerhart-Hauptmann-Haus lädt zur Jubiläumssaison

Gerhart-Hauptmann-Haus lädt zur Jubiläumssaison

Berlin (OZ)
Als der 22-jährige, noch unbekannte Gerhart Hauptmann am 29. Juli 1885 nach schwieriger Überfahrt die Insel Hiddensee zum ersten Mal betrat, ahnte er nicht, welche Bedeutung sie für sein Leben und Schaffen erlangen würde. „Hiddensee ist eines der lieblichsten Eilande, nur stille, stille, dass es nicht etwa ein Weltbad werde.“

Das malerische, autolose Eiland mauserte sich zum „geistigsten aller deutschen Seebäder“, wie Hauptmann später befand. 1956 wurde im ehemaligen Haus des Dichters in Kloster das Literaturhaus Gerhart Hauptmann eingerichtet. Seither ist es ein Mekka für Literaturfreunde, Dichter, Schauspieler, Musiker, Maler.

Jetzt stellte sich das Literaturhaus im Reigen der insgesamt acht Literaturhäuser, die es in MV zwischen Klütz (Uwe Johnson) und Carwitz (Hans-Fallada) gibt, in der Berliner Landesvertretung vor. Die Resonanz war groß. Immer wieder zog es den späteren Literatur-Nobelpreisträger (1912) auf die Insel. 1930 erwarb er dort das „Haus Seedorn", das Hauptmann zur großzügigen Dichterwerkstatt und Begegnungsstätte umbauen ließ. In der von vier Mitarbeitern um die 30-jährige Haus-Leiterin Franziska Plötz liebevoll gepflegten Einrichtung kann man noch heute tief in die Welt Hauptmanns eintauchen.

Rüdiger Bernhardt, Vorsitzender der Gerhart-Hauptmann-Stiftung, gab in Berlin kenntnisreich und engagiert Einblicke in das wechselvolle Schaffen des Dramatikers. Typisch für Hauptmann ist das Leben zwischen den Polen: Zwischen dem „reinen Geist“, den der 1862 im schlesischen Obersalzbrunn Geborene in der bergigen Heimat, auf der Schneekoppe im Riesengebirge etwa, verortete, und der Ebene der Sinnlichkeit, der Liebe, des Weines, die Hauptmann auf seiner geliebten Insel ansiedelt. Die Unentschiedenheit – zwischen Frauen, zwischen Orten, zwischen politischen Haltungen und Parteien – macht Hauptmann zu seinem Lebensprinzip. In seinem sozialkritischen Schauspiel „Die Weber“ (1892) erklang dies als „Nu, ja ja. Nu, nee nee.“

Für Franziska Plötz, die in Leipzig und Rom Literatur- und Theaterwissenschaften studiert hat, ist das kommende Jahr eine besondere Herausforderung. Zum 60. Todestag sowie gleichzeitig zum 50. Jubiläum des Literaturhauses am 6. Juni 2006 wird es eine Festwoche mit Lesungen, Aufführungen, Konzerten auf Hiddensee geben, wie sie sonst jeweils sonnabends im Gerhart-Hauptmann-Haus üblich waren. Dort gaben Schriftsteller wie Sigrid Damm, Christoph Hein, Wibke Bruns, Armin Stolper ebenso ihre Visitenkarte ab wie die Schauspielerinnen Inge Keller oder Barbara Schnitzler, die aus Hauptmanns Werken lasen.

Das Literaturhaus in der einzigen original erhalten gebliebenen Lebens- und Schaffensstätte des Dichters freut sich auf eineneue Saison. Sommer ist, so die Zeitrechnung des Weinliebhabers Hauptmann, wenn die Weinlieferung aus dem Badenschen auf Hiddensee ankam. Der Sommer geht zu Ende, wenn der Wein alle ist.

REINHARD ZWEIGLER
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Quelle: Ostsee-Zeitung.de
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Ausgabe: 03. Dezember 2005